Пресса

Rebel
Сентябрь-октябрь 2006, журнал "Toccata-Alte Musik aktuell", Германия, Регенсбург

Es gibt derzeit wohl kaum ein zweites Orchester, das so leichtfu?ig von einer Epoche in die andere springt wie dies das Moskauer Pratum Integrum Orchestra hier wieder einmal vorfuhrt. Wolfl, Telemann, Berezovsky, Tietz, Bortnyansky, jetzt Rebel, und im Oktober eine CD-Aufnahme mit Werken Carl Philipp Emanuel Bachs, das sind die bisherigen Stationen. Oft findet man schnell heraus, wo die Starken und Schwachen eines Orchesters liegen: sollten sie sich mehr auf die Wiener Klassik oder Romantik, mehr auf Barock verlegen? Nicht so hier beim Pratum Integrum Orchestra! Da klingt die Barockmusik gleicherma?en uberzeugend wie die Musik der Wiener Klassik und Fruhromantik.
Wer wei? jetzt etwas uber Jean-Féry Rebel (1666-1747)? Manchem fallt dazu die legendare CD bei L'Oiseau-Lyre ein, mit der Einspielung Rebels „Les Éléments" durch The Academy of Ancient Music unter Christopher Hogwood, 1980 aufgenommen und 1989 als CD veroffentlicht. Wie genusslich hatte sich damals die Academy in den Dissonanzen ausgetobt! Das war mein Erstkontakt mit diesem „wilden" Barockkomponisten, schauerlich-schon damals die Wirkung dieser „Éléments" in einer Zeit, in der man als das barocke Absolute „die Air von Bach" in den Schallplattengeschaften empfohlen bekam.
Nun, ein wenig Biographisches kann nicht schaden. Rebel entstammt einer Musikerfamilie und wuchs am franzosischen Hof auf. Er war Cembalist, Violinist und Dirigent. Bereits im Alter von acht Jahren begeisterte er den Sonnenkonig und Jean-Baptiste Lully mit seinem Geigenspiel. Ab 1699 war Rebel einer von 24 Violons du Roi und spater dirigierte er das Orchestre de l'Academie Royale de Musique. Einer seiner Sohne, François Rebel, wurde ebenfalls ein beruhmter Musiker. Deswegen wird Rebel manchmal le père, der Vater, genannt.
Rebels Sinfonien waren zunachst ein elitares Pariser Genre und wurden anlasslich von Aufenthalten herausragender Gaste des Hofes als Beispiel der hochstartifiziellen Kunstmusik in Paris aufgefuhrt. So horte Peter der Gro?e die Sinfonie „les caractères de la danse" wahrend seines Aufenthaltes. Der russische Zar hatte damals tatsachlich uber die Organisation von Hofballen in Russland nachgedacht. Ubrigens hatte Rebel auch einige Verbindungen nach Russland. Und damit hatten wir eine Gemeinsamkeit zwischen dieser Musik und den Interpreten.
Denn wir horen die „caractères de la danse" (1734) ebenso wie „Les Éléments" (1737-38), „Caprice" (1711), „Boutade" (1712) und „Fantaisie" (1729). Pavel Serbin hat die Werke uberarbeitet, fur Viola da gamba und b.c. transkribiert (Boutade) und arrangiert, wie immer mit glucklicher Hand.
Die Ausfuhrung ist erneut uberzeugend, sehr individualistisch und charakteristisch. Nun ist das junge Moskauer Orchester bereits unverwechselbar, hat einen eigenen Klang kreiert. Die Interpretation kommt flussig (man hore da mal genauer hin - das ist atemberaubend schnell, aber technisch 1 A gemacht, da gibt's kein Gehudel und keine Unsauberkeiten) und auf einem Niveau, das man nur nach jahrelanger harter Arbeit erreichen kann. Diese Musiker haben gearbeitet, sie haben Schneid und Fortune. Das hort man!

Robert Strobl